Offene Standards im Datacenter

Blaupausen

Open Source hat sich im Unternehmensumfeld etabliert. Als Nächstes ist die Hardware dran. Die großen IT-Konzerne organisieren sich in Konsortien und erarbeiten offene Spezifikationen fürs Rechenzentrum. Wir geben einen Einblick.
Trotz des Siegeszugs der Cloud ist die Infrastruktur eines Unternehmensnetzwerks noch immer physisch. Und auch das Rechenzentrum mit viel Blech und Kabeln ... (mehr)

Nicht nur bei der Software schreitet die Innovation in rasendem Tempo voran, auch im Hardware-Bereich bleibt die Zeit nicht stehen. So sorgt die weite Verbreitung von Virtualisierung und der Hype um Cloud-Technologien dafür, dass immer mehr Hersteller gleich die passende Hardware dafür anbieten, etwa Switche, die Netzwerkvirtualisierung unterstützen, oder White Box Switche, auf denen standardisierte Software zur Netzwerkonfiguration läuft. Der neueste Schrei sind sogenannte Hyperconverged Systems, die alle für massive und hochdynamische Virtualisierung nötigen Komponenten in eine Box packen.

Die großen Rechenzentrumsbetreiber wie Google und Facebook sowie ihre Lieferanten wie IBM, Intel und AMD setzen dagegen immer mehr auf offene Technologien und versuchen die Infrastruktur einerseits zu standardisieren, um Kosten zu sparen, und bieten andererseits die Spezifikationen anderen zur kostenlosen Nutzung an. Im Open Compute Project [1], gegründet von Facebook, bringen sich diese Firmen ein und legen die technischen Details ihrer neuen Designs offen.

Dabei ist das Open Compute Project eine Art Gemischtwarenladen, der so ziemlich alles anbietet, was seine Mitglieder in die virtuellen Regale stellen. Ein Beispiel ist der OpenCloud-Server, dessen Design Microsoft beigesteuert hat. Die zugehörigen Dokumente umfassen das komplette Rack, vom Gehäuse über den Management-Controller bis zu den Blades und den Mezzanine-Boards. Vielleicht nicht unbedingt für jeden Mittelständler zum Nachbauen, aber immerhin interessant zu sehen, welche Technologie hinter der Azure Cloud steckt. Weitere Design-Dokumente unter dem Titel "OpenRack" gibt es beispielsweise von Facebook. Neben dem Kostenargument führt Facebook die Verbesserung der Energie-Effizienz als treibende Kraft für die Innovation der Rechenzentrumstechnologie an. Ob das nur eine Greenwashing-Kampagne ist oder einen realen Hintergrund hat, sei einmal dahingestellt.

Stromsparende CPUs

Als stromsparende Alternative zu den klassischen x86-Prozessoren von Intel und AMD werden seit einigen Jahren schon Systeme auf der Basis von ARM-CPUs angepriesen. Allerdings lässt die Einführung auf sich warten. Mittlerweile mussten sich Vorreiter wie Calxeda mangels Kapital schon wieder vom Markt verabschieden, während Intel auf der anderen Seite immer stromsparendere Prozessoren präsentiert. AMD hat mit dem Opteron A1100 eine ARM-Prozessorreihe vorgestellt, aber komplette Boards dafür gibt es bisher nur von Gigabyte. HPE bietet zwei Module für das Moon­shot-Serversystem, die auf ARM-Prozessoren basieren: Die HP-Proliant-m400-Module sind mit einem 2,4 GHz schnellen 64-Bit-Prozessor X-Gene von Applied Micro ausgestattet.

Mit der Spezifikation der Server Base Boot Requirements (SBBR) hat ARM im Jahr 2014 die Grundlage für die Standardisierung der ARMv8-Plattform (64 Bit) geschaffen. Ergänzend zur Spezifikation der Server Base System Architecture (SBSA) decken die SBBR die Low-Level-Interfaces für das Booten eines Betriebssystems, Konfigurations- und Powermanagement für 64-Bit-ARM-Systeme ab. Die SBBR sehen eine Reihe von Technologien vor, die sich in der x86-Welt bewährt haben, können aber auf jeglichen Legacy-Support verzichten, da es keine Systeme zu unterstützen gibt, die noch aus den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stammen.

Zum Booten setzen die SBBR etwa auf den UEFI-Standard 2.4. Zum Konfigurations- und Powermanagement greift die Spezifikation auf ACPI 5.1 zurück. Weitere Informationen zu vorhandenen Controllern und Subsystemen werden über SMBIOS verwaltet. Linux-Distributoren wie Canonical (Ubuntu), Suse und Red Hat unterstützen mit ihren Betriebssystemen bereits ARM-Server. Gerüchteweise gibt es auch eine ARM-Version von Windows Server von Microsoft, das mit ARM einen Kooperationsvertrag geschlossen hat.

Eine weitere Hardware-Alternative zu Intel sind die POWER-Prozessoren von IBM. Auch hier versucht der Hersteller seinen Marktanteil zu vergrößern, indem er sich offen gibt und dazu die OpenPOWER Foundation [2] gegründet hat, die (für Mitglieder) frei zugängliche Spezifikationen von POWER-Boards erarbeitet. Neben den Gründungsmitgliedern Google, IBM, Mellanox, Nvidia und Tyan gehören dem Konsortium 25 weitere Firmen an, darunter Samsung, Hitachi und Canonical. Eine Besonderheit der POWER-Architektur ist die CAPI-Schnittstelle (Coherent Accelerator Processor Interface), die es erlaubt, Spezialprozessoren wie GPUs, ASICs und FPGAs so mit der CPU zu verbinden, dass beide denselben Adressraum nutzen. Ein weiteres Interface ist der NVLink, der die Integration von Nvidia-GPUs unterstützt.

Zusammen mit Rackspace hat Google im April dieses Jahres bekanntgegeben, eine offene Serverarchitektur basierend auf POWER9 zu entwickeln (Bild). Gleichzeitig hat Google seinen Vorschlag für ein Rack mit einer Spannungsversorgung von 48V beim Open Compute Project eingebracht. Dies ist vor allem für Systeme interessant, die über leistungshungrige CPUs oder GPUs verfügen. Laut Urs Hölzle, dem Senior Vice President für technische Infrastruktur bei Google, konnte Google damit seine Energie-Effizienz um 30 Prozent steigern. Da auch die hiesigen Marketingabteilungen für die Analyse von "Big Data" mehr und mehr Rechenleistung verlangen, werden solche Optionen für eine größere Zahl von Anwendern interessant.

Google hat ein auf POWER9-Prozessoren basierendes Board-Design vorgestellt, das in Racks mit 48 Volt arbeitet.

Storage-Architektur

Auch außerhalb der großen Konsortien gibt es Anstrengungen, sein Wissen mit anderen zu teilen – und damit auf sich aufmerksam zu machen. Interessant ist etwa das Design des Storage-Anbieters Backblaze, der aus Standard-Komponenten Storage-Enclosures baut und sie im eigenen Rechenzentrum einsetzt. Die sogenannten Storage Pods [3] umfassen drei Rack-Höheneinheiten und in der aktuellen Version 6.0 bis zu 60 Festplatten, die zusammen 480 TByte Storage liefern.

Die Kosten belaufen sich dabei laut Backblaze auf 0,05 US-Dollar pro GByte. Den Bau hat Backblaze in allen Details dokumentiert und die Spezifikationen unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlicht, sodass jeder Interessierte das Design nachbauen kann. Backblaze veröffentlicht in seinem Blog übrigens auch regelmäßig die Ergebnisse seiner Tests der Zuverlässigkeit von Festplatten verschiedener Hersteller wie Seagate, HGST und WD.

Open Compute bietet im Storage-Bereich ein ähnliches Design mit dem Namen "OpenVault", das von Facebook stammt und auf zwei Höheneinheiten 30 Harddisks integriert. Ein darauf basierendes System mit Shingled Disks ist für Cold Storage, also stromsparende Langzeitarchivierung gedacht.

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