Linux und Open Source – ein Überblick

Orientierungshilfe

Wer als Windows-Administrator in die Welt von Open Source eintauchen möchte, sieht sich einer unüberschaubaren Vielfalt von Programmen gegenüber, egal ob es um Linux-Distributionen, Monitoring-Systeme oder Storage-Lösungen geht. Dieser Artikel erklärt, worum es bei Open Source und Freier Software geht, und gibt eine Orientierungshilfe.
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In den letzten zehn Jahren wurde Open Source-Software, angeführt vom Linux-Betriebssystem, zu einem scheinbar alternativlosen Entwicklungsmodell. Selbst Microsoft wird unter der Führung von Satya Nadella immer mehr zum Open Source-Unternehmen. Auch riesige Industrie-getriebene Projekte wie das Cloud Computing-Framework OpenStack greifen automatisch zur Open Source-Lizenz. Doch wie können Anwender und Administratoren von Open Source-Software profitieren?

Jenseits der nicht unwesentlichen Unterscheidung zwischen Freier Software und Open Source (siehe Kasten) ist für die meisten Anwender wohl der Aspekt der freien Verfügbarkeit des Quellcodes ausschlaggebend. Selbst wer nicht die Ressourcen oder Kenntnisse hat, eine Software selbst zu verändern, kann eine entsprechende Dienstleistung jederzeit einkaufen, weil der Quellcode zur Verfügung steht. Dies soll helfen, ein Vendor Lock-in, also die Abhängigkeit von der proprietären Technologie eines Herstellers, zu verhindern.

Prinzipiell kann Open Source helfen Geld zu sparen, zumindest legen das die meisten Studien über die TCO (Total Cost of Ownership) von Open Source-Software nahe, die aber selten von objektiver Seite durchgeführt werden. Meistens geht Open Source mit einem Wegfall von Lizenzkosten einher, aber das muss nicht unbedingt der Fall sein. Hersteller von Open Source- wie auch Freier Software dürfen Geld für die Bereitstellung ihrer Programme verlangen. Das widerspricht nicht ihrem Grundgedanken, solange der Quellcode offensteht. Bei echten Community-Projekten wie dem Apache-Webserver oder den Tools des GNU-Projekts ist dies aber nicht der Fall und die Software steht in allen Varianten kostenfrei zur Verfügung.

Wer in der glücklichen Lage ist, keinen Support in Anspruch nehmen zu müssen, kann diesen Posten von der Liste streichen, muss aber natürlich daran denken, dass dennoch interne Kosten für die Installation, Wartung und Aktualisierung einer Software anfallen. Gerade Open Source-Software ist oft schwieriger zu installieren als Programme in der Windows-Welt, die mit einem Ein-Klick-Installer aufwarten. In der Praxis werden viele Firmen, auch wenn sie auf Open Source setzen, ihre Software von einem renommierten Hersteller oder einem Systemhaus beziehen, um bei Problemen einen kompetenten Ansprechpartner oder zumindest einen Verantwortlichen zu haben. Dann reduziert sich der Vorteil der Open Source-Software auf Einsparungen bei den Lizenzkosten, die im Einzelfall zu kalkulieren sind, und vor allem die Vermeidung des Vendor Lock-ins.

Selbst der letzte Punkt gilt nur eingeschränkt, denn beispielsweise gilt beim Betriebssystem: Linux ist nicht gleich Linux. Wer seine Systemlandschaft beispielsweise mit Ubuntu aufgebaut hat, muss einige Hürden überwinden, wenn er alle Rechner auf Red Hat Enterprise Linux migrieren möchte oder umgekehrt. Aber abgesehen von einem gewissen Aufwand ist dies jedenfalls ohne Zutun des Herstellers möglich.

Freie Software vs. Open Source

Verglichen mit sogenannter Freier Software (englisch: Free Software) ist Open Source ein relativ junges Phänomen. Während Freie Software in erster Linie ideell respektive ideologisch motiviert ist, war Open Source von Anfang an ein eher pragmatisches Konzept, das entstanden ist, um eine geschäftsfreundlichere Variante Freier Software zu schaffen. So wehren sich der GNU-Erfinder Stallman und die Free Software Foundation seit Jahren gegen das Missverständnis, Open Source-Software würde die von ihm angestrebten ideellen Ziele verwirklichen.Im Gegensatz zu "Open Source" ist die GNU-Lizenz (GNU Public License, GPL) nämlich so konzipiert, dass sie die von ihr eingeräumte Freiheit verbindlich festschreibt – und damit quasi einschränkt: Wer ein Programm mit GPL-Lizenz verändert, muss seine Änderungen wieder öffentlich machen (Copyleft). Um den Konflikt zwischen den beiden Alternativen zu umschiffen, wurden letztlich die beiden Oberbegriffe FOSS- (Free and Open Source) oder FLOSS-Software (Free/Libre Open Source) als Kompromiss eingeführt.Nach Stallmans Meinung ist es übrigens auch irreführend, von Linux zu sprechen, wenn das üblicherweise so benannte Betriebssystem gemeint ist, denn dieses sei nur ein sehr kleiner Teil davon, nämlich der Kernel. Der viel wesentlichere Teil davon entstamme dem GNU-Projekt, weshalb es richtiger sei, von einem GNU-System oder wenigstens GNU/Linux zu sprechen.

Weil Open Source so populär ist und scheinbar schon zum guten Ton gehört, schmücken sich viele Hersteller mit diesem Etikett, fahren aber in Wirklichkeit eine zweigleisige Strategie. Sie bezeichnen ihre Software zwar als Open Source, aber bei näherem Hinsehen ist nur eine abgespeckte Version wirklich uneingeschränkt im Quellcode verfügbar. Eine vollständige Version mit mehr oder weniger fortgeschrittenen Features bietet der Hersteller dann als kostenpflichtige "Enterprise"-Version an. Demgegenüber stehen "echte" Freie Software- oder Open Source-Projekte, die ohne Fußnoten auskommen, etwa der Linux-Kernel und Apache-Software [1] .

Einstieg in die Open Source-Welt

Open Source-Software für Server ist meistens sehr betriebssystemspezifisch, während viele Desktop-Anwendungen für mehrere Betriebssysteme verfügbar sind und beispielsweise einen Installer für Windows bereitstellen. Beispiele dafür sind die Office-Pakete OpenOffice [2] und LibreOffice [3]. Funktional sind die beiden weitgehend identisch. Das LibreOffice-Projekt wurde gegründet, als die Firma Sun, die die Entwicklung von OpenOffice steuerte, von Oracle übernommen wurde, das in Open Source-Kreisen keinen guten Ruf genießt. Seither stellt sich LibreOffice als das wahre freie Office-Paket in Szene, das angeblich auch den größeren Zuspruch durch die Anwender erfährt, auch wenn OpenOffice mittlerweile selbst ein Community-Projekt der Apache Foundation geworden ist.

Grundsätzlich bieten LibreOffice und OpenOffice ähnliche Funktionen wie das Vorbild Microsoft Office, aber bei der Interoperabilität zwischen den Welten hapert es durchaus. So haben die freien Programme etwa Schwierigkeiten, richtig mit Dateifreigaben des Microsoft-Produkts umzugehen. Dass sich damit dennoch arbeiten lässt, zeigt etwas das Migrationsprojekt der Stadt München, das unter dem Namen WollMux [4] sogar ein eigenes Vorlagen-, Briefkopf- und Formularsystem entwickelt hat, selbstverständlich auch unter einer Open Source-Lizenz.

Bild 1: Das Fedora-Projekt besitzt seit einigen Versionen einen neuen grafischen Installer.

Dass auch Microsoft nicht mehr an Open Source vorbeikommt und unter der neuen Führung dabei immer aktiver wird, wurde bereits angesprochen. Konkret zeigt sich das darin, dass beispielsweise der größte Teil der .NET-Bibliotheken unter einer Open Source-Lizenz veröffentlicht wurde. Auch der Roslyn-Compiler für C# ist nun auf Github zu finden - das hätte sich vor wenigen Jahren kaum jemand vorstellen können. Mittlerweile verfügt Windows mit Chocolatey sogar über einen Paketmanager im Stil von Yum oder Apt-Get, mit dem Anwender aus einem reichen Fundus von Software mit einem Kommandozeilenaufruf ein Paket installieren können.

Ähnlich wie mit den Office-Programmen verhält es sich beispielsweise mit dem Bildbearbeitungsprogramm Gimp, dem Vektorzeichenprogramm Inkscape oder der Layout-Software Scribus. Auch Fotobearbeitung, Videoschnitt, 3D-Modellierung, CAD, EDA (Schaltungsdesign) sind mit Open Source-Software mehr oder weniger gut abgedeckt, allerdings in Funktionsumfang und Komfort kaum mit kommerziellen Alternativen wie Photoshop, Premiere oder AutoCAD zu vergleichen.

Open Source aus Admin-Sicht

Interessanter ist für Administratoren meist, was die Open Source-Welt im Infrastrukturbereich zu bieten hat. Hier ist natürlich allem voran das Linux-Betriebssystem zu nennen, das wie erwähnt beinahe Synonym zum Erfolg von Open Source-Software geworden ist. Als Freie Software wird vor allem der Linux-Kernel entwickelt, das heißt, die komplette Entwicklung findet öffentlich statt. Der Quellcode ist in jedem Entwicklungsstadium einsehbar, genauso wie die Kommunikation der Entwickler auf der zugehörigen Mailingliste. In den letzten 20 Jahren ist die Anzahl professioneller Entwickler, die im Auftrag großer und kleiner Firmen am Linux-Kernel arbeiten, explodiert. Jährlich schlüsselt die Linux Foundation, die als nicht-gewinnorientierte Stiftung heute hinter der Entwicklung steht und beispielsweise dem Linux-Erfinder Linus Torvalds ein Gehalt bezahlt, die Beiträge zum Kernel nach Firmen auf. Neben klassischen Linux-Firmen wie Red Hat und Suse sind dort eine ganze Reihe von IT-Schwergewichten wie IBM, Intel und HP zu finden, aber auch relativ neue Firmen wie das chinesische Huawei, das regelmäßig auf den vorderen Plätzen der Liste rangiert.

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