Cloud Computing als Marketing-Vehikel

Cloud-Verkauf

Im Anfang war der Mainframe, dann erlangten die Anwender dank Personal Computing die Hoheit über Hardware und die eigenen Daten. Jetzt ist mit der vielgerühmten Cloud wieder der Punkt erreicht, an dem man für jede Minute Rechenzeit bezahlt. Dass damit alle IT-Probleme der Vergangenheit angehören, ist fraglich.
Mit E-Mail-Diensten muss sich jeder Administrator früher oder später einmal beschäftigen. Das zur CeBIT erscheinende ADMIN 02/2012 gibt dazu Praxis-Tipps und ... (mehr)

Wer macht eigentlich IT-Trends? Sind es die Analysten oder die Hersteller, oder spielen sie sich ganz einfach gegenseitig wunderbar in die Hände? Jedenfalls sind es nicht die Anwender und Administratoren, denn die wären wohl kaum auf die Idee gekommen, etwas wie Cloud Computing zu erfinden, von dem Oracle-Gründer Larry Ellison vor Kurzem noch sagte, es sei "Geschwafel", "Schrott", "geisteskrank", "dumm". Heute gibt es natürlich längst auch Cloud-Produkte von Oracle/Sun, denn niemand will es riskieren, sich einem neuen Trend zu verweigern, von dem alle sagen, in ihm bestünde die Zukunft der IT.

Es ist beinahe müßig, zu erwähnen, wie vage das Konzept der Cloud überhaupt ist, und wie und wo genau der IT-Verantwortliche einer Firma sie einsetzen soll. Geht es darum, eigene Dienste in die Cloud eines Anbieters auszulagern und somit eigene Infrastruktur einzusparen? Oder soll es doch lieber die private Cloud sein, die bessere Skalierbarkeit und Ausfallsicherheit bietet. Worin hier der Unterschied zu einem konventionellen hochverfügbaren System besteht, ist unklar. Es riecht nach abgestandenem Wein in neuen Schläuchen.

Vielleicht ist es sogar besser, wenn das Konzept vage bleibt, denn dann eignet es sich besser dazu, die technologischen Allmachtsphantasien zu bedienen, die bei der Einführung von Informationstechnologie stets latent und manchmal ausgesprochen sind: Alles soll besser, schneller und vollautomatisch funktionieren. Real spürt man davon in Relation zum Fortschritt der Technologie meist wenig. Computer sind um eine Größenordnung schneller geworden, der RAM-Speicher ist so groß wie eine Festplatte vor zehn Jahren – das Office-Programm startet immer noch genauso langsam und weist die gleichen Macken auf wie eh und je. Dass "die Cloud" dieses Problem löst, darf wohl bezweifelt werden. Was man sich damit aber auf jeden Fall einhandelt, ist eine Menge an Komplexität, die schwer in den Griff zu bekommen ist.

Komplexität vs. Sicherheit

Vor Kurzem hatte ich das Vergnügen, einer Pressekonferenz von HP beizuwohnen, in der die Firma noch einmal ihren Abschied vom PC-Geschäft bekräftigte (mittlerweile ist sie in dieser Hinsicht wieder etwas zurückhaltender), die Zukunft der Cloud und gleichzeitig den Ausbau der Security-Sparte verkündete. Wie diese beiden Dinge zusammengehen, war mir nicht so richtig klar, denn gerade die Komplexität von Clouds dürfte doch dafür sorgen, dass sie in noch stärkerem Maß gefährdet sind als monolithische oder vom Internet abgeschottete Systeme. Andererseits ist es vielleicht auch keine schlechte Basis, wenn man sein Geschäft auf den Vertrieb von und die Beratung für Sicherheitssysteme gründet.

Cloud Computing ist als Technologie sicher interessant, aber es wird garantiert nicht alle IT-Probleme in Luft auflösen. Wer seine eigene IT auslagert, hat damit anschließend keine Arbeit mehr, aber das ist offensichtlich die Konsequenz eines jeden Outsourcing. Dazu kommt noch das Problem, die eigenen, teils sensiblen Daten aus der Hand zu geben. Schon jetzt, wohlgemerkt noch vor der flächendeckenden Einführung, gilt die Sicherheitsfrage beim Cloud Computing als "größte Herausforderung für die deutsche Wirtschaft im Bezug auf IT-Sicherheit", sagt die Studie "IT-Sicherheit und Datenschutz 2012". Laut ihr sorgen sich 64 Prozent der Führungskräfte um ausreichende Sicherheit beim Cloud Computing.

In den Jahren, die ich mich selbst mit Computern und Informationstechnologie beschäftige, habe ich gelernt, dass in den meisten Fällen eine Maxime zielführend ist: Halte alles so einfach wie möglich. Das lässt sich beispielsweise in der Webentwicklung beobachten, wo komplexere Systeme wie J2EE irgendwann keinen Zuspruch mehr fanden und einfache Frameworks wie Ruby on Rails populär wurden. Nun wiederholt sich das Spiel: Sinatra und ein Dutzend Klone laufen Rails den Rang ab, das selbst dem J2EE-Syndrom zu erliegen scheint.

Offenbar strebt jedes System solange immer größerer Komplexität zu, bis ein Zenit erreicht ist, an dem sich ein Großteil der Benutzer wieder einfacheren Technologien zuwendet. Statt der komplexen Cloud sehe ich am Horizont schon einen neuen Trend einfacher, Strom sparender Server-Systeme nach minimalistischer Art, vielleicht auf der Basis von ARM-Prozessoren. Vielleicht ist das dann bereits die Cloud 2.0.

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