Vier IMAP-Clients im Vergleich

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Postlagernd

Wer von unterwegs mit wechselnden Clients Mail lesen will, kommt am IMAP-Protokoll nicht vorbei. Hier müssen vier Mailclients ihre IMAP- und Caching-Fähigkeiten unter Beweis stellen.
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Der Wechsel von POP zur IMAP bringt viele Vorteile, zum Beispiel synchronisierte Postfächer und Server-seitige Filter. Die Nachrichten verbleiben auf dem Server, sofern der Anwender diese nicht explizit zum Download auswählt. Das dürfte Nutzer von mobilen Geräten und langsamen oder teuren Internetverbindungen besonders freuen.

Um in den Genuss der IMAP-Features zu kommen, sollte der Mailclient die wichtigsten IMAP-Befehle beherrschen und fließendes Arbeiten ermöglichen. Wie souverän Thunderbird, Kmail, Evolution und Mutt mit dem Protokoll umgehen, zeigt dieser Test (siehe Kasten "Vier auf einen Streich" ).

Vier auf einen Streich

Um möglichst praxisnahe Bedingungen zu bieten, kam im Test der weitverbreitete IMAP-Server Dovecot in Version 1.0.10 zum Einsatz [1] . Zugegebenermaßen handelt es sich um eine etwas betagte Programmversion (die neueste ist 1.2.8), viele Provider setzen sie aber noch immer ein.

Der weitere Testaufbau für diesen Artikel bestand aus einem aktuellen Ubuntu-System (Karmic Koala, 9.10). Auf ihm waren die folgenden Testkandidaten installiert: Mozilla Thunderbird 3.0 [2] , Evolution 2.28.1 [3] , Kmail 1.12.2 [4] und Mutt 1.5.20 [5] .

Die Referenz-Mailbox fasste zirka 6800 Nachrichten und war 150 MByte groß. Sie enthielt einen Mix aus persönlichen E-Mails, Mailinglisten-Beiträgen und Spam. Aus Datenschutzgründen waren alle Verbindungen TLS-verschlüsselt.

Mozilla Thunderbird

Die neue Version des Mozilla-Clients präsentiert sich moderner und komfortabler als ihre Vorgänger [6] . Der mitgelieferte Assistent greift dem Anwender bei der Kontoerstellung unter die Arme. Im Test gelang die verschlüsselte Anmeldung am Server problemlos. In der Voreinstellung macht Thunderbird ab Version 3.0 jeden Ordner zum so genannten Offline-Ordner und lädt die Kopfzeilen und die Nachrichten samt Anhang vom Server herunter. Leider passiert dies nur dann, wenn ein Anwender einen Ordner öffnet. Auf der anderen Seite vermeidet Thunderbird so aber auch lange Download-Orgien beim ersten Start. Mozillas Mailclient erlaubt es, die Offline-Ordner im Assistenten über die erweiterten Eigenschaften zu deaktivieren. Dann speichert der Mailer nur die Kopfzeilen lokal.

Alle Konten und Ordner sind individuell konfigurierbar (siehe Abbildung 1 ). Optionen, die nicht im Einrichtungsdialog des Programms auftauchen, findet der Anwender im Dialog »about:config« , den er über die Schaltfläche »Konfiguration bearbeiten« aus der Abteilung »Erweitert« aufruft. Unumgänglich sind diese Konfigurationsdirektiven für Benutzer, die alle Ordner eines Kontos gleichzeitig auf neue Nachrichten prüfen wollen. Dazu setzt der Anwender den Wert »mail.check_all_imap_folders_for_new« auf »true« . Eventuell ist es ebenfalls erforderlich, »mail.imap.use_status_for_biff« auf »false« zu setzen, falls der IMAP-Server den Status nicht korrekt zurückschickt.

Abbildung 1: Bei der Wahl der Offline-Einstellungen für die einzelnen Mailkonten gibt sich Mozilla Thunderbird flexibel.

Die Ordnerverwaltung selbst ist recht spartanisch, bietet aber eine Suchfunktion (siehe Abbildung 2 ). Äußerst praktisch ist dagegen der Offline-Modus. In diesem lädt Thunderbird alle entsprechenden Ordner auf den lokalen Rechner. Der Anwender liest, verschiebt, löscht, markiert und kennzeichnet E-Mails dann auch ohne Internetzugang – lediglich die Ordnerfunktionen sind gesperrt.

Abbildung 2: Einfach, aber funktional: Thunderbirds Ordnerverwaltung erlaubt das Abonnieren und Abbestellen per Mausklick.

Thunderbird gleicht Änderungen später mit dem Server ab, was im Test reibungslos klappte. Trifft der Mailclient beim nächsten Verbindungsaufbau auf gegensätzliche Änderungen, geht er routiniert damit um. Kennzeichnungen kumuliert er nach Möglichkeit, für gelöschte Nachrichten und fehlende Ordner gibt er Fehlermeldungen aus und bricht die Aktion ab.

Schön ist, dass der Server die Kennzeichnungen (Labels) im Originalnamen speichert, sodass auch andere Mailclients darauf zugreifen können. Auch die Systemordner für gesendete Nachrichten, Entwürfe, Spam und den Papierkorb legt Thunderbird standardkonform und direkt auf dem Server ab. Bricht während der Arbeit die Internetverbindung ab, weist Thunderbird mit einer Dialogbox darauf hin und setzt die Sitzung fort, sobald der Server wieder erreichbar ist.

Die Filter- und Suchfunktion des Mozilla-Programms muss sich ebenfalls nicht verstecken. Der Anwender kann beliebig viele Suchabfragen kombinieren, die kontenbezogen eine Aktion auslösen. Auf diese Weise lassen sich E-Mails automatisch verschieben, kopieren, löschen, markieren, kennzeichnen, weiterleiten und sogar beantworten – und das über Ordner und Konten hinweg.

Der Anwender hat dabei die Wahl, entweder auf dem eigenen Rechner oder auf dem Server zu suchen. Als große Neuerung integriert Thunderbird 3.0 eine Datenbank-gestützte Suche, die grafisch aufbereitet einen Überblick über die eigenen Nachrichten verschafft (siehe Abbildung 3 ). Schön ist auch der eingebaute Spamfilter, der neben seiner lokalen, trainierbaren Datenbank auch die Kennzeichnungen von anderen Filterprogrammen wie etwa Spamassassin berücksichtigt. Server-seitige Sieve-Filter beherrscht Thunderbird nicht von Haus aus. Diese rüstet der Anwender aber schnell über eine Erweiterung nach [7] .

Abbildung 3: Die neu integrierte Suchfunktion von Thunderbird 3.0 ist äußerst vielseitig und mächtig. Verschiedene Filter helfen bei der Fahndung.

Größere Kopier- oder Verschiebe-Operationen führt Thunderbird mitunter etwas schwerfällig aus. Erfreulich hingegen ist, dass die Indizierungs- und Wartungsarbeiten im Hintergrund ablaufen und der Benutzer lediglich einen dezenten Hinweis in der Statuszeile erhält.

Kmail

Der KDE-Standardclient offeriert beim ersten Start ebenfalls einen Assistenten, der jedoch nicht so komfortabel wie das Hilfswerkzeug der Mozilla-Variante ist. Sämtliche Angaben muss der Anwender von Hand eintragen. Dafür zeigt Kmail in der Voreinstellung alle Ordner an. In der erweiterten Konfiguration für die Postfächer nimmt der Benutzer das Feintuning vor (siehe Abbildung 4 ).

Abbildung 4: Über diesen Dialog stellt der Anwender ein, welche Ordner Kmail im jeweiligen Postfach anzeigt.

Auf den ersten Blick ungewohnt ist die Unterscheidung zwischen IMAP und Disconnected IMAP. Ersteres arbeitet ausschließlich online und speichert nicht einmal die Kopfzeilen lokal, während die zweite Variante einen lokalen Zwischenspeicher aller Mails und Anhänge einrichtet. Als einziger Client im Test patzte Kmail bei einem gültigen SSL-Zertifikat – ein Verhalten, das auch bei anderen CAs auftrat. Anscheinend sind nicht alle verbreiteten Stammzertifikate in KDE/Konqueror enthalten.

Bricht im Disconnected-Mode die Internetverbindung zusammen, wartet Kmail einfach so lange, bis es den Mailserver wieder erreichen kann. Ein Offline-Modus ist enthalten, um Nachrichten lokal zu speichern. Auch Kmail beherrscht den Serverabgleich und erlaubt es, Nachrichten im Offline-Modus zu löschen und zu verschieben. Laut Aussagen der Entwickler soll es auch möglich sein, Ordner offline zu bearbeiten – im Test klappte das allerdings nicht problemlos. Der Mailabgleich ging hingegen reibungslos vonstatten.

Kmail überzeugt bei der Fehlerbehandlung. Kann das Programm eine Offline-Aktion nachträglich nicht mehr auf dem Server durchführen, fragt es den Benutzer, wie er weiter verfahren möchte. Mit der Unterstützung von Markierungen oder Kennzeichnungen hapert es allerdings, denn diese speichert der Server offensichtlich nicht. Andere Clients erkannten die Kmail-Kennzeichner nicht und Kmail konnte mit den Markierungen der anderen Programme auch nichts anfangen. Schön hingegen ist die optionale Integration von Spamassassin direkt in der Mailanzeige.

Auch der Abruf vieler Mails bereitete Kmail im Test keine Probleme. Der aktuelle Downloadstatus ist stets sichtbar. Die Ordnereinstellungen sind mit denen von Thunderbird vergleichbar. In puncto Filter gibt es ebenfalls nichts auszusetzen: Der Mailer unterstützt reguläre Ausdrücke ebenso wie kontenabhängige Filterung, selbst lokale Skripte stehen als Aktion zur Verfügung. Die komfortable Suchfunktion greift im Disconnected Mode auf den lokalen Nachrichtenbestand zu. Punkten kann das Programm auch durch Server-seitiger Sieve-Filter ohne zusätzliches Plugin. Anders als Thunderbird will Kmail jedoch Entwürfe und versandte Nachrichten nur lokal speichern, was der Anwender über die Optionen schnellstens ändern sollte.

Etwas ungewohnt ist die Unterscheidung in lokale und Server-seitige Abonnements. Dafür überzeugt der Ordnerdialog, denn Kmail bietet zusätzlich zur Suchfunktion eine vorbildliche Anzeige der geplanten Änderungen. Der KDE-Mailer punktet ebenfalls in Bezug auf Geschwindigkeit und Stabilität – im Test brachten selbst große Nachrichtenoperationen das Programm nicht aus dem Tritt.

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